Samstag, 7. Juni 2014

Kommentar zum 70. Jahrestag des D-Day

„Ein Gedenktag ohne Gedenken“

Am 6. Juni 1944, um 5.30 Uhr stürmte eine Vereinigung von Amerikanern, Kanadiern und Briten die Küste der Normandie. D-Day – der Tag der Entscheidung. Es war die größte Invasionsarmee der Geschichte, bestehend aus 4126 Kriegsschiffen mit über 100.000 Soldaten an Bord.
Die zweite Front im Westen wird eröffnet, viele tausend Tote fordert der Angriff, der ausgeführt wird, um Europa vom NS-Terrorregime zu befreien. Während Rommel zu Hause den Geburtstag seiner Frau feiert, liefern sich Deutsche und Invasoren einen erbitterten Kampf. Der Erfolg der Invasion sollte das Ende des 2. Weltkrieges einleiten. Ein bedeutender historischer Moment.

Oder etwa nicht? Gestern zumindest hatte man nicht den Eindruck. Die Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag des D-Day fanden wie gewohnt in der Normandie statt. Viele Staatschefs und bedeutende Persönlichkeiten waren eingeladen, darunter Angela Merkel, Barack Obama, Queen Elizabeth II. und… Vladimir Putin. Dem gebührte alle Aufmerksamkeit.
Die Feierlichkeiten an sich wurden dem Anlass entsprechend ausgerichtet. Die verbliebenen Kriegsveteranen der Alliierten wurden eingeladen, Obama schüttelte ihnen auf gewohnt brüderliche Weise die Hand. Künstler stellten die Szenen der Invasion nach. Nur hat man davon nicht viel gesehen. Im Fernsehen gab es kaum Programm zum Ereignis. Auf N24 liefen Eilmeldungen durchs Bild, die Gespräche zwischen Putin und Merkel, sowie Putin und Obama betrafen und nur diese. Zunächst war ich einigermaßen beruhigt, als ich feststellte, dass auf N-TV ein News Special angekündigt wurde, der Umschalter gab der Sendung 30 Minuten, gedauert hat sie etwa fünf(!), auch hier Putin als großer Mittelpunkt des Geschehens.

Das politische Weltgeschehen ist wichtig. Und es ist völlig verständlich und auch wünschenswert, dass sich Politiker und insbesondere Staatschefs  persönlich verständigen, wann immer die Umstände es ihnen erlauben. Aber muss eine solche Verständigung auf solche Weise zentralisiert werden? Auf eine Weise, hinter der alles andere in Vergessenheit zu geraten scheint?
Wir alle bezahlen GEZ-Gebühren für das öffentlich-rechtliche Fernsehen. Gerade ein solches Ereignis hätte bei einem öffentlichen Sender laufen müssen. Einen Freund habe ich gefragt, ob er irgendwas im Fernsehen gesehen hätte und er hatte überhaupt nichts mitbekommen. Arte ist der einzige Sender, der mit „Die Befreiung“ zumindest eine umfassende Dokumentation zum Thema gezeigt hat.

So viel oder wenig wert man dem Gedenken an den D-Day auch beimessen mag, so wichtig ist er doch in der historischen Betrachtung. Wir sind in der Geschichtsforschung auf Zeitzeugen angewiesen, sie haben zudem einen hohen gesellschaftskulturellen Wert. Die angereisten Veteranen sind über 90, es war also das letzte Jubiläum mit Menschen, die tatsächlich dabei gewesen sind. Schade, dass dem so wenig Wert beigemessen wurde. Da sind Sendungen wie „Verbotene Liebe“ und „Soko Kitzbühel“ natürlich wichtiger. 




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